Leitlinien für die Schmerztherapie mit Cannabis
Medizinisch eingesetzte Cannabinoide finden zunehmend Bedeutung in der schmerz- und palliativmedizinischen Versorgung von schwerkranken Patienten. Doch wenn es um die Verordnung von Medizinalcannabis geht, sind viele Ärzte noch verunsichert – insbesondere in der praktischen Anwendung der verschiedenen Cannabinoid-Wirkstoffe.1
Obwohl zahlreiche relevante medizinische Fachgesellschaften Leitlinien mit Empfehlungsgraden für die Verordnung von Cannabinoiden bereits erstellt haben, sind Unklarheiten aufgrund einer „niedrigen bis mäßigen Evidenzlage“ weit verbreitet.
Wann ist eine Schmerzreduktion klinisch relevant?
- Problematik aus schmerzmedizinischer Sicht: Für einen hohen Evidenzgrad wird eine Schmerzreduktion von 30 % gegenüber einem Placebo gefordert.1
- Diese Forderung wird von anderen Substanzen, z. B. Opiaten, bei Nichttumorschmerzen auch nicht erfüllt.1
- Dazu kommt: Für Tumorpatienten ist eine Schmerzreduktion von 10-20 % sehr bedeutsam, wenn es sich um eine gut verträgliche Substanz handelt.1
Medizinalcannabis und Evidenz
Fakt ist: Für Cannabis als Medizin gibt es in vielen Bereichen noch wenig Evidenz. Fakt ist auch: Viele Patienten profitieren von einer Behandlung mit Cannabis. Somit sind mehr randomisierte, kontrollierte Studien mit medizinischem Cannabis wünschenswert, aber auch sie repräsentieren oft eine sehr selektionierte Patientenpopulation. Eine Übertragung dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse auf eine gute und flächendeckende Patientenbetreuung ist daher nicht immer möglich.1 Mehr zur Studienlage von medizinischem Cannabis finden Sie hier.
Die Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS)
Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) hat im Jahr 2018 eine Praxisleitlinie für den Einsatz von medizinischem Cannabis in der Schmerztherapie veröffentlicht. In dieser plädiert sie für eine patientenzentrierte Herangehensweise im Umgang mit medizinischem Cannabis und erklärt, dass diese symptomorientiert sein muss. Somit berücksichtige die Praxisleitlinie neben der externen Evidenz auch die interne Evidenz durch die Erfahrungen der Patienten. Für viele Schmerzarten wurde der Empfehlungsgrad A ausgesprochen.1
Darüber hinaus wurde Medizinalcannabis bereits in weitere Leitlinien aufgenommen, deren Fokus mitunter auch auf der Schmerztherapie liegt.
Leitlinienempfehlungen zum Einsatz von medizinischem Cannabis

Weitere Veröffentlichungen von Leitlinien mit einer Empfehlung für den Einsatz von medizinischem Cannabis:
- DGEM (2015):4 Ernährung in der Onkologie
- DGHO (2019):5 Antiemese in der Tumortherapie
AWMF: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften;
CINV: Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen;
DGEM: Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin;
DGHO: Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie;
DGS: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin
Referenzen:
- Horlemann, J: DGS-PraxisLeitlinie Cannabis in der Schmerzmedizin, unter: https://dgs-praxisleitlinien.de/cannabis/ (zuletzt aufgerufen Oktober 2021).
- Schlereth T. et al., Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen, S2k-Leitlinie, 2019, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, unter: https://dgn.org/wp-content/uploads/2013/01/030114_LL_Neuropathische_Schmerzen_2019.pdf (zuletzt aufgerufen Oktober 2021).
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). S3-Leitlinie: Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen. Langversion 1.3 – Februar 2020, unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-054OLl_S3_Supportiv_2020-07.pdf (zuletzt aufgerufen Oktober 2021).
- Arends J et al. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DEGM): Klinische Ernährung in der Onkologie, unter: https://www.dgem.de/sites/default/files/PDFs/Leitlinien/S3-Leitlinien/073-006l_S3_Klin_Ern%C3%A4hrung_in_der_Onkologie_2015-10.pdf (zuletzt aufgerufen Oktober 2021).
- Jordan K et al. Onkopedia-Leitlinie: Antiemese bei medikamentöser Tumortherapie, Stand Mai 2021, unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/antiemese-bei-medikamentoeser-tumortherapie/@@guideline/html/index.htm










